Stellen wir uns ein Unternehmen vor, das einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro macht, dafür vom Staat mit 1,3 Milliarden Euro subventioniert wird – und das Nettokosten von bis zu 10,8 Milliarden Euro auslöst, vor allem aufgrund sozialer Kosten und enormer Mengen an CO2.
Verantwortungsbewusste Ökonomen würden das als wirtschaftlichen Wahnsinn bezeichnen und dringend abraten. Aber genau das passiert laut der ersten Studie zur Messung der gesamten wirtschaftlichen Kosten der Grundschleppnetzfischerei in den europäischen Gewässern, die gerade erschienen ist. National Geographic Pristine Seas unter der Leitung der Meeresforscherin Kat Millage als Hauptautorin hat die Datenlage unter die Lupe genommen und erstaunliches zu Tage gefördert.
Um zu ihren Ergebnissen zu gelangen, analysierten die Forscher die Grundschleppnetzfischerei in europäischen Gewässern zwischen 2016 und 2021 unter anderem anhand von Daten von Global Fishing Watch. Jährlich macht die Grundschleppnetzfischerei der EU, Großbritanniens, Norwegens und Islands einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro, fleißig subventioniert von den jeweiligen Ländern mit der jährlichen Summe von 1,3 Milliarden Euro, fast einem Drittel. Dies enrreicht fast den Wert der Arbeitsplätze, die diese Branche schafft. Eine der letzten Amtshandlungen des deutschen Umweltminister Cem Özdemir im Januar 2025 war es, Subventionen von 20 Millionen Euro für die deutsche Grundschleppnetzfischerei für das Jahr 2025 freizugeben. Bei rund 180 deutschen Grundschleppnetzfischern entspricht dies etwa 111.000 Euro pro Fischer (über 9.000 Euro pro Monat).
Gleichzeitig erlöst (“erfischt”) die europäische Grundschleppnetzfischerei einen verschwindend geringen Anteil von nur etwa 2 % des tierischen Proteins, das in Europa konsumiert wird. Der Preis hierfür, neben all den anderen Aspekten: Zwischen 70 – 90 % Beifang, der sterbend oder tot wieder über Bord geworfen wird.
Auch sonst ist der Schaden für die Umwelt immens: Die Fischer fischen auch in Meeresschutzgebieten. Die Studie ermittelt, dass 60 % aller europäischen Schutzgebiete (“Marine Protected Areas”, MPAs) von den Fischern regelrecht „auf links“ gedreht werden, denn überall, wo ein Grundschleppnetz entlang gewuchtet wurde, ist der Meeresgrund nachhaltig zerstört. Die europäischen Steuerzahler finanzieren letztlich die Zerstörung ihrer eigenen Meeresschutzgebiete. Schlimmer noch: Das im Meeresboden gespeicherte CO2 wird in gigantischen Ausmaßen freigesetzt und gerät binnen 9 Jahren zur Hälfte in die Atmosphäre. So emittiert diese Fischerei (global betrachtet) die gleiche Menge an CO2 wie der weltweite Flugverkehr.
Und hier ist sie nun wieder, die Gegenüberstellung von Geschäftsgewinn versus Klimawandel. Kurzfristiges subventioniertes Profitdenken verursacht auf Dauer bei weitem höhere Kosten durch die Zerstörung der Umwelt und die damit verbundenen Folgen. Langfristig gerechnet ist Naturschutz stets die “günstigste” Strategie.
Wir sehen uns durch diese Studie in unserer Forderung eines generellen Verbotes der Grundschleppnetzfischerei bestätigt. Eine Fischerei, die sich nur durch Subventionen hält, ohne die sie unrentabel wäre, und die zudem extrem schädigend für unsere Meere ist und den Klimawandel vorantreibt, gehört ersatzlos beendet. Ein vermutlich ausreichender Schritt wäre das ersatzlose Streichen der Subventionen, wenn eine Abgabe auf den schädlichen Fisch oder ein Verbot der Fangmethode insgesamt nicht in Betracht kommen.
Quellen:
https://doi.org/10.3389/fmars.2023.1125137;
https://www.nature.com/articles/s41586-021-03371-z;