Stop Finning EU ist eine Bürgerinitiative in der EU. Durch sie soll der Handel mit Haiflossen in Europa verboten werden, was sich weltweit auswirkt.
ElasmOcean unterstützt als Supporter die Bürgerinitiative. Wir haben den deutschen Verantwortlichen der Bürgerinitiative gesprochen, Nils Kluger aus München.
Langenfeld/München, Februar 2021
ElasmOcean: Was ist eigentlich eine EU-Bürgerinitiative? Ist das so etwas wie eine Petition, die am Ende ausgedruckt und einem Politiker vor einem Behördenhaus überreicht wird? Da hat man ja oft den Eindruck, dass dieser Stapel Papier keinen Effekt hat und eigentlich nur dem guten Gefühl der Unterzeichner dient. Ist das hier auch so?
Nils Kluger: Eine EU-Bürgerinitiative ist die einzige Möglichkeit für Bürger der EU, direkten Einfluss auf die politischen Entscheidungen in der EU zu nehmen. Nur mit der EU-Bürgerinitiative kann die Europäische Kommission aufgefordert werden, neue Gesetze zu verabschieden. Und im Gegensatz zu einer Petition ist die Kommission im Falle des Erfolgs einer EU-Bürgerinitiative, also wenn diese mehr als eine Million Stimmen sammelt, verpflichtet, die Initiatoren anzuhören und über Folgemaßnahmen zu entscheiden.
ElasmOcean: Es geht ja ums Finning – also um das Abschneiden der Flossen von Haien auf hoher See, um den sterbenden Fisch ins Meer zurückzuwerfen, und danach nur mit den Flossen Handel zu betreiben. Dies ist in der Europäischen Union bereits verboten.
Die Initiative richtet sich an die Europäische Union. Was ist das Ziel? Was wird konkret gefordert? Hat die EU nicht schon alles unternommen, was in ihrer Macht steht?
Kluger: Nein! Aus mehreren Gründen: Erstens floriert der Handel mit Haiflossen aus Europa auch ohne Finning unverändert weiter. Die Länder der EU sind, gesammelt betrachtet, weiterhin Spitzenreiter im Haifang weltweit. Und den Haien dürfte es egal sein, ob sie auf hoher See sterben oder an Bord eines Schiffes. Das grausame ist, dass die Tiere für einen winzigen Teil ihres Körpers sterben müssen.
Zweitens sind unter Flossenlieferungen immer wieder geschützte Arten gefunden worden. Die Flossen verschiedener Arten lassen sich in einer Lieferung jedoch schwer unterscheiden. Solange der Handel mit Haiflossen erlaubt ist, kann also sinnvoller Artenschutz für bedrohte Arten nicht gelingen.
Und drittens bleiben, solange Flossen gehandelt werden dürfen, auch weiterhin Schlupflöcher für das Finning. Denn ist die Flosse erst einmal vom Körper getrennt, kann die Herkunft nicht mehr nachvollzogen werden. Deshalb ist es unsere Pflicht, das sinnlose Sterben der für die Ökosysteme im Meer so wichtigen Haie zu beenden, indem wir den Handel mit Haiflossen in der EU beenden.
Mitmachen ist einfach
ElasmOcean: Diese Initiative kann also wirklich etwas bewegen. Was muss dafür passieren, in welchem Zeitfenster, und durch wen? Wo und wie unterschreibt man?
Kluger: Wir haben bis zum 31.01.2022 Zeit, eine Million Stimmen von EU-Bürgern zu sammeln. Das ist unsere einmalige Chance, eine wirkliche Veränderung in der EU-Gesetzgebung zu erzielen!
Abstimmen ist einfach und dauert nur zwei Minuten! Ihr geht einfach auf https://www.stop-finning.eu und klickt auf “Jetzt abstimmen”. Dann werdet Ihr auf die offizielle Seite der EU-Kommission weitergeleitet. Dort gebt Ihr Euer Land, Name, Adresse und Geburtsdatum an. Fertig!
Die Daten bleiben übrigens bei den Behörden und werden nur zur Zertifizierung der Stimmen genutzt. Und natürlich: Werbung machen und weitersagen!
ElasmOcean: Dann sollten wir alle die kommenden Monate nutzen und Werbung machen. Geht das in Corona-Zeiten eigentlich richtig? Überhaupt: hat das Sars-CoV-2-Virus die Initiative beeinflusst?
Kluger: Leider ja. Wir haben im Februar 2020 mit sehr vielen Stimmen gestartet und mussten aber schnell merken, dass mit der Pandemie plötzlich alles anders war. Alle europäischen Gesellschaften waren mehr oder weniger in einer Art Schockstarre. Völlig verständlich, es waren und sind ja auch viele Menschen von der Pandemie bedroht – wirtschaftlich, gesundheitlich und auch in der drastischen Weise, wie die Pandemie das tägliche Leben verändert hat. Da ist es doch nachvollziehbar, dass weniger Menschen den Kopf frei hatten, um eine Bürgerinitiative zu unterzeichnen. Aber wir machen weiter: Die einmalige Chance, zu erreichen, dass Haie in Europa nicht mehr wegen ihrer Flossen gejagt werden, müssen wir trotz aller Schwierigkeiten nutzen.
Dr. Nils Kluger ist ein Aktivist für den Haischutz und Tauchlehrer. Er ist mit Haien auf der ganzen Welt getaucht und hat sowohl deren Schönheit und Bedeutung für das marine Ökosystem als auch die Bedrohung ihrer Existenz durch den Menschen erlebt. Ihn treibt die Sorge, dass unsere Existenz von funktionierenden marinen Ökosystemen abhängt. Ohne die Haie sind diese Ökosysteme ernsthaft bedroht. Deshalb setzt sich Nils für ein Ende des Handels mit Haiflossen ein. |
ElasmOcean: Das ist ja eine große Sache, die auch viel Zeit kostet. Wer steht eigentlich hinter Stop Finning EU? Was hat Dich motiviert, viele Monate Deiner Freizeit in diese Initiative zu stecken?
Kluger: Ich bin schon lange mit dem Schutz der marinen Ökosysteme verbunden und engagiere mich ehrenamtlich. Deswegen war die Idee, mit einer EU-Bürgerinitiative eine wirkliche Veränderung zu erreichen, sehr motivierend. Und in der Zwischenzeit ist noch ein weiterer Faktor hinzugekommen: Wir haben europaweit Unterstützer gewonnen. Über 70 Umweltorganisationen, aber auch Firmen und Tauchorganisationen unterstützen unser Anliegen. In vielen EU-Ländern haben sich Teams gebildet und wir arbeiten mit mehr als 150 Freiwilligen zusammen. Die Haie haben es verdient, nicht mehr für Ihre Flossen gejagt zu werden – und dieses tolle Team hat es verdient am 31. Januar 2022 eine erfolgreiche Bürgerinitiative mit einer Million Stimmen abzuschließen. Das motiviert mich jeden Tag aufs Neue.
ElasmOcean: Wenn Du Dir von uns und unseren Lesern etwas wünschen könntest: was wäre es?
Kluger: Als erstes natürlich: Unterzeichnen auf https://www.stop-finning.eu.
Und danach: Sagt es weiter und helft, Stimmen zu sammeln. Teilt Beiträge in den sozialen Medien, sammelt Stimmen gerne auch auf Papier. Die Formulare findet ihr auch auf der Webseite zum Audrucken.
Und wer sich noch mehr engagieren möchte: kontaktiert uns, wir können helfende Hände gebrauchen.
ElasmOcean: Nils Kluger, wir danken für das Gespräch. Wir bleiben an der Initiative dran, die ElasmOcean auch offiziell unterstützt.
Hier abstimmen: https://www.stop-finning.eu
Das Interview führte Heiner Endemann