Ob und wie Tiere Schmerzen wahrnehmen, ist bis heute in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten. Wir können die Tiere ja nicht einfach fragen. Doch wer schon einmal, sei es beim Angeln oder in einer Doku, einen Fisch um sein Leben hat kämpfen sehen, ist vielleicht zur Schlussfolgerung gekommen: Dieses Wesen reagiert zumindest auf die Gefahr, der es ausgesetzt ist. Und genau das ist die biologische Funktion von Schmerz: Die Evolution hat einen Mechanismus hervorgebracht, der uns fühlenden Lebewesen nicht nur Gefahr anzeigt, sondern der uns unwillkürlich dazu bringt, dieser entkommen zu wollen. Eine Überlebensstrategie.
Lange hat es gedauert, bis die Wissenschaft handfeste Beweise dafür gesammelt hat. Im Jahr 2002 wurden schließlich Rezeptoren in Fischen nachgewiesen, die für Schmerzempfinden verantwortlich sind. Dazu kommen solche, die Schmerz unterdrücken können, wenn sie beispielsweise durch Adrenalin aktiviert werden. Dieses Phänomen kennen wir auch von uns: Stehen wir unter Schock, sind die Schmerzen erst einmal nebensächlich, bis wir wieder zur Ruhe kommen können. Fische haben also ein Nervensystem, das komplex genug ist, um Schmerz zu empfinden und darauf reagieren zu können.
Doch bis heute hält sich die Behauptung wacker in der Welt, Fische könnten keinen Schmerz fühlen. Vielleicht hält sie sich, weil es uns dabei hilft zu akzeptieren, dass jedes Jahr weltweit Millionen Tonnen von Fischen in Netzen landen und einen langsamen Tod sterben. Verdrängung ist nämlich auch eine gute Überlebensstrategie.
Quelle: L.U. Sneddon (2015): Pain in aquatic animals. The Journal of Experimental Biology. https://doi.org/10.1242/jeb.088823