Als Wissenschaftler im März den Meeresgrund vor der Küste Kaliforniens mit hochauflösenden Kameras untersuchten, machten sie eine beunruhigende Entdeckung: Zwischen der Küste bei Los Angeles und der 35 Kilometer entfernten Insel Santa Catalina kartierten sie auf einer Fläche von 15.000 Hektar in bis zu 900 Metern Tiefe 27.000 Fässer mit Chemikalien, vorwiegend mit DDT. Dazwischen sahen sie über 100.000 weitere Trümmerteile, unter denen die Wissenschaftler weitere Fässer mit DDT vermuten.
DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) wurde im 20. Jahrhundert als Insektizid in der Landwirtschaft eingesetzt, vor allem gegen Malaria übertragende Mücken. Als im Zusammenhang mit dem Einsatz gravierende Gesundheitsschäden bei Menschen und Tieren auftraten, verboten die meisten Länder seit den 1970er Jahren den Einsatz von DDT.
Nun befürchten die Wissenschaftler, dass sich vor Kalifornien große Mengen DDT auf die marinen Nahrungsketten auswirken – und letztlich auch in Form von Fisch auf unserem Teller landen könnten.
Der Pazifikbereich vor L.A. wurde seit der Mitte des 20. Jahrhunderts von Chemieunternehmen als Verklappungsort benutzt, zur kostengünstigen Entsorgung von allem, was man nicht mehr sehen wollte. Das Logbuch eines der amerikanischen Schiffe aus den Jahren 1947 bis 1961 zeigt auf, dass bis zu 2.000 Fässer mit DDT-belastetem Schlamm pro Monat verklappt wurden. Diese extrem umweltschädliche Denk- und Handlungsweise war lange Zeit weltweiter Standard; die US-Regierung verbot sie erst im Jahr 1972.
Nach bisherigen Studien der Jahre 2011 und 2013 ging man von etwa 60 Fässern mit DDT in dieser Region aus; welch Untertreibung! Das wahre Ausmaß zeigte sich erst im Jahr 2021 und ist ein Weckruf: Viele der Fässer sind beschädigt, das Sediment weist hohe Konzentrationen von DDT auf. Untersuchungen an Delfinen und Seelöwen in der Umgebung wiesen u.a. sehr hohe DDT-Konzentrationen im Fettgewebe auf. Bei den Seelöwen konnte eine erhöhte Krebsrate festgestellt werden.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich mindestens hunderttausend Barrel (knapp 16 Millionen Liter) DDT vor der Küste von Los Angeles im Ozean befinden. Und weitere Chemikalien müssen befürchtet werden.
Quellen:
V. Kivenson et al.: Ocean Dumping of Containerized DDT Waste Was a Sloppy Process. Environmental Science and Technology, 2019.
S.A. Mackintosh et al.: Newly Identified DDT-Related Compounds Accumulating in Southern California Bottlenose Dolphins. Environmental Science & Technology, 2016.
N. Randhawa et al.: Sentinel California sea lions provide insight into legacy organochlorine exposure trends and their association with cancer and infectious disease. One Health, 2015.