Wir kritisieren schon seit vielen Jahren das “Nachhaltigkeitsiegel” des Marine Stewardship Council (MSC). Zu oft und zu massiv hat diese Initiative aus London Fischereien zertifiziert, die mit Nachhaltigkeit wenig zu tun hatten: z.B. wurde die Grundschleppnetzfischerei der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks ohne jegliche Beschränkung im Jahr 2019 als nachhaltig zertifiziert, obwohl die massiven Schäden des Meeresbodens bekannt sind. Weltweit werden im Namen des MSC-Siegels Delfine und Haie in Netzen getötet, Geisternetze durch verloren gegangene FADs (Fischsammler) im Meer entsorgt, Schildkröten an Langleinen getötet – früher wurden sogar Haie gefinnt. Zu viel Geld konnte für die Zertifizierung eingenommen werden, um nicht der Versuchung zu erliegen, die Grauzone des “gerade-noch-nachhaltigen” immer weiter ins Absurde zu verschieben.
Nun hat der MSC eine zuvor zertifizierte Fischerei suspendiert, also das Siegel nachträglich für die weitere Zukunft zurückgezogen – ein sehr seltener Vorgang: Die Fischerei auf Nordsee-Seelachs darf in Zukunft nicht mehr mit dem MSC-Siegel werben. Es wurde mit Wirkung zum 30. Juni 2025 entzogen.
Seelachs ist der Handelsname von Köhler (Kohlfisch, Pollachius virens), einer Unterart des Dorschs; die Assoziation mit Lachsfischen (Salmoniden) ist gewollt, aber falsch.
Grund für den MSC ist die veränderte wissenschaftliche Lage, festgelegt durch den ICES (International Council for the Exploration of the Sea). Die MSC-Standards legen fest, dass Fischpopulationen nur soweit befischt werden dürfen, dass sich hierdurch die Größe des Bestandes nicht negativ verändert. Die wissenschaftliche Bestandsbewertung durch den ICES ergab bereits im letzten Jahr, dass die Bestandssituation des Nordsee-Köhlers nicht mehr eindeutig ist. Jetzt (erst) wurde hierauf reagiert – kurz vor den aktuellen Daten des ICES für die Bestandentwicklung Ende Juli 2025; mal abwarten, wohin die Reise geht.
Quelle: https://taz.de/Nachhaltigkeit-in-der-Fischerei/%216088438