Heute feiern wir einen der ältesten Meeresbewohner unseres Planeten.
Meeresschildkröten
Insgesamt schwimmen sieben verschiedene Arten von Meeresschildkröten durch alle tropischen und subtropischen Meere unseres Planeten. Zoologisch betrachtet, gehören jedoch nur sechs davon wirklich zur Familie der Meeresschildkröten (Cheloniidae = hartschalige Meeresschildkröten). Die Lederschildkröte bildet eine eigene Gattung und hat aus der Familie der Lederschildkröten (Dermochelyidae) als einzige Art überlebt.
Hier einige Besonderheiten, anhand derer sich die einzelnen Arten unterscheiden lassen:
Wallriffschildkröte (flat back sea turtle – Natator depressus): Sie nistet und lebt ausschließlich in den tropischen Gewässern des Australisch-Neuguineischen Kontinentalschelfs. Anders als die Schlüpflinge der anderen Arten schwimmen die Babys der Wallriffschildkröten nicht hinaus ins offene Meer, sondern verbleiben über dem Schelf.
Echte Karettschildkröte (hawksbill turtle – Eretmochelys imbricata): Sie wurde aufgrund ihres Panzers (Schildpatt) an den Rand der Ausrottung getrieben und ist auf der Roten Liste Bedrohter Arten der IUCN als „Vom Aussterben bedroht“ gelistet. Sie ist gut an ihrem greifvogelartigen Kopf erkennbar.
Grüne Meeresschildkröte (Green sea turtle – Chelonia mydas): Das Fett unter ihrem Panzer ist grün, da sie als einzige Meeresschildkröte fast rein vegetarisch lebt (nur adulte Tiere).
Unechte Karettschildkröte (Loggerhead sea turtle – Caretta caretta): Sie hat einen sehr kräftigen Kopf mit starken Kiefern zum Knacken harter Schalen.
Atlantik-Bastardschildkröte (Kemp’s ridley sea turtle – Lepidochelys kempii): Sie ist die kleinste Meeresschildkrötenart. Sie nistet in Massennistungen (arribadas) und als einzige Art tagsüber.
Oliv-Bastardschildkröte (Olive ridley sea turtle – Lepidochelys olivacea): Sie ist die häufigste Meeresschildkröte. Sie nistet sowohl in Massennistungen (arribadas) als auch einzeln. Ihr Panzer ist leicht herzförmig geschwungen.
Lederschildkröte (Leatherback sea turtle – Dermochelys coriacea): Sie taucht auf Nahrungssuche bis zu 1.200 m tief und besitzt eine spezielle Blutgefäßstruktur, um ihre Körpertemperatur auch in kälteren Gewässern aufrechtzuerhalten.
Bedrohungslage
Schildkröten zählen zu den ältesten Meeresbewohnern der Erde. Schon zur Zeit der Dinosaurier durchstreiften sie die Ozeane – seit über 100 Millionen Jahren trotzen sie allen Veränderungen der Erdgeschichte. Doch was Naturkatastrophen und Eiszeiten nicht geschafft haben, gelingt uns Menschen in nur wenigen Jahrhunderten: Wir bringen sie an den Rand des Aussterbens. Die Gründe dafür sind vielfältig – doch sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind menschengemacht. Meeresschildkröten stehen heute vor einer Vielzahl existenzbedrohender Herausforderungen:
Vermüllung
– Schildkröten verfangen sich oft in treibenden Netzen und Leinen. Da sie nach maximal 45 Minuten zum Atmen an die Oberfläche kommen müssen, kann eine solche Gefahr schnell tödlich sein.
– Treibende Plastiktüten werden mit Quallen verwechselt, einer ihrer Hauptnahrungsquellen. Da Plastik nicht verdaut werden kann, verstopft sich der Magen-Darm-Trakt, und die Tiere verhungern bei vollem Magen.
– Strandabschnitte (Nistplätze) werden durch herangetriebenen Müll unzugänglich.
Küstenverbauung + Lichtverschmutzung
– Niststrände werden durch Tourismus gestört oder gar unzugänglich.
– Hindernisse (beispielsweise Strandliegen) hindern Schildkrötenweibchen daran, einen geeigneten Platz zur Eiablage zu finden. Für Schlüpflinge sind derartige Hindernisse oft unüberwindbar und werden schnell zur Todesfalle.
– Auf dem Weg zum Meer orientieren sich frisch geschlüpfte Schildkröten am hellsten Bereich – dem Meer. Befinden sich jedoch künstliche Lichtquellen nahe des Niststrands, können die kleinen Schildkröten schnell die Richtung verlieren.
Beifang
Jährlich ertrinken geschätzte 250 000 Meeresschildkröten an Langleinen oder in Netzen.
Boot- und Schiffsverkehr
Immer wieder geraten Schildkröten in Bootsschrauben und können dabei schwer verletzt werden.
Klimawandel
– Schildkrötenweibchen kehren zur Eiablage immer an denselben Strand zurück, an dem sie einst selbst geschlüpft sind. Durch Sturmfluten und den steigenden Meeresspiegel können Niststrände jedoch für immer verschwinden. Die Folgen sind noch nicht absehbar.
– In Schildkrötengelegen entscheidet die Sandtemperatur darüber, ob Männchen oder Weibchen schlüpfen. Herrscht eine zu hohe Durchschnittstemperatur im Nest, schlüpfen ausschließlich Weibchen, was zu einem Geschlechterungleichgewicht in der Population führt.
Wilderei
Obwohl in vielen Ländern mittlerweile viel für den Schutz vor Wilderei getan wird, werden Schildkröten noch immer ihres Fleisches wegen gezielt gejagt, Echte Karettschildkröten auch ihres Panzers wegen. Schildkröteneier gelten in vielen Ländern als Delikatesse.
Alle 7 Arten stehen auf Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES), der höchsten Schutzstufe. Damit ist der internationale Handel mit lebenden Tieren oder Produkten verboten.
Warum Meeresschildkröten schützen?
Meeresschildkröten übernehmen eine Schlüsselrolle im Ökosystem.
– Die echte Karettschildkröte frisst Schwämme und sorgt so gleichzeitig dafür, das Riff zu schützen. Eine Überpopulation von Schwämmen würde riffbildende Korallen verdrängen und das Ökosystem am Riff aus der Balance geraten.
– Grüne Meeresschildkröten wiederum halten Seegraswiesen gesund. Sie bevorzugen die jungen und stickstoffhaltigen Seegrashalme und fördern somit indirekt ein stetiges Nachwachsen des Seegrases.
Meeresschildkröten zu schützen bedeutet, das Gleichgewicht der Ozeane zu bewahren.
Sie sind nicht nur faszinierende Wesen, sondern auch unverzichtbare Helfer im marinen Ökosystem. Wenn sie verschwinden, gerät ein fein abgestimmtes Netz aus Pflanzen, Tieren und Lebensräumen aus dem Gleichgewicht.
Ihr Schutz ist also nicht nur ein Akt des Mitgefühls – sondern eine Verantwortung gegenüber unserem Planeten.
Quellen:
- Ashlan Cousteau, Philippe Cousteau, Ozeane für Dummies, Weinheim, Wiley-VCH 2021
- Christine Figgener, Meine Reise mit den Meeresschildkröten, München, Piper Verlag 2023
- Esther Gonstalla, Das Ozean Buch, 2. Aufl., München, Oekom Verlag 2021
- https://www.turtle-foundation.org/meeresschildkroeten/artenportraits/
- https://www.turtle-foundation.org/meeresschildkroeten/bedrohungen/
- https://www.stiftung-meeresschutz.org/foerderung/meeresschildkroeten/