Geht man am Strand der Nordseeküste spazieren, findet man überall orangene und blaue Fragmente von „Dolly Ropes“. Dies ist der Scheuerschutz unter den Grundschleppnetzschiffen der als „nachhaltig“ MSC-zertifizierten niederländischen Flotten. Seit Anfang der 90er Jahre werden diese stabilen Plastikschnüre in der deutschen, niederländischen und dänischen Grundschleppnetzfischerei verwendet. So findet man an den Grundschleppnetzen der Schiffe immer wieder diese extrem haltbaren Plastikschnüre aus Polyethylen, die bewusst unter die Netze geflochten werden, während der Fangfahrt abreißen und im Meer verbleiben.
Seit einiger Zeit gibt es Bemühungen, Alternativen zu den für Meerestiere tödlichen Plastikschnüren zu finden. Ein Ziel der Forschung des Thünen-Instituts (Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei) war beispielsweise, die Konstruktion des Fischereigerätes so zu verändern, dass ein Scheuerschutz nicht mehr nötig ist. Auch alternative Materialien zu „Dolly Ropes“ wie z.B. Leder wurden in der Vergangenheit erprobt. Im Abschlussbericht des Projekts „Verringerungen von Kunststoffmüll aus der Krabbenfischerei durch Netzmodifikationen – Dolly Rope Suspension (DRopS)“ von 2022 heißt es: „Das Projekt hat gezeigt, dass ausreichende Alternativen zur Verwendung von Dolly Ropes bestehen. Ein Großteil der deutschen Krabbenfischerei nutzt bereits mindestens eine der beiden o.g. Möglichkeiten und verzichtet auf den Gebrauch von Dolly Ropes. Dies bestätigt die Entbehrlichkeit von Dolly Ropes. Ein vollständiger Verzicht der gesamten Fischerei auf Dolly Ropes wäre durch die Schaffung wirksamer Anreize oder durch gesetzliche Regelungen erreichbar.“
Leider sieht es in den Niederlanden noch anders aus, weshalb man an den Stränden von Zeeland, Holland oder Texel besonders viele „Dolly Ropes“ finden (und bitte gerne entsorgen!) kann. Die Fischereischiffe der niederländischen Flotte sind ohnehin die „professionellsten”: Sie sind um einiges größer als die herkömmlichen deutschen „Krabbenkutter“. Hier werden bis heute weiterhin exzessiv „Dolly Ropes“ verwendet. Im Bericht des Thünen-Institutes ist zu lesen: „Schätzungen zufolge reißen innerhalb der ersten Wochen etwa 10-15% des neu angebrachten Materials ab. Insgesamt – so geben niederländische Forscher für die niederländische Fischerei an – enden etwa 25-50% der verwendeten Dolly Ropes im Meer.“
Doch auch in den Niederlanden gibt es eine Änderung – mit einem für das Königreich nicht wirklich überraschenden Kontext: Fahrräder. Denn ein Werkstoff fällt hier deutlich mehr an als bei den europäischen Nachbarn, nämlich Fahrradreifen. Befestigt man Bogenfragmente davon mit Kabelbindern an den Grundschleppnetzen. ersetzen sie Polyethylen-Seile. An manchen Fangbestecken finden sich auch Lederstreifen, allerdings in Kombination mit blauen „Dolly Ropes“.
Allerdings werden auch diese teils unnatürlichen Verbundmaterialien am Meeresgrund abreiben und verbleiben. Aber zumindest für die Basstölpel und Trottellummen machen diese Fahrradreifen einen Unterschied, denn rund 75 % ihres Nistmaterials auf der Insel Helgoland besteht aus den für die Tiere tödlichen „Dolly Ropes“ aus Polyethylen. Vielleicht ist das Experiment der Fahrradreifen ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Bleibt abzuwarten, was daraus wird.
Quelle: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn065718.pdf