Vom 13. bis 20. November tagte die „Internationale Kommission zum Erhalt des Atlantischen Thunfischs“ (ICCAT) in Ägypten.
Nun liegen die Positionspapiere zum Blauhaifang im Nord- und Südatlantik vor.
Seit dem 25. November steht der Blauhai neben allen weiteren Requiemhai-Arten auf Appendix II des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES). Dies umfasst Arten, die nicht unbedingt vom Aussterben bedroht sind, dies aber sein könnten, und daher einem kontrollierten Handel unterliegen. Vor dem Inkrafttreten jetzt lag ein Jahr seit dem Aufnahmebeschluss von 2022 – und wie reagieren nun die EU und die ICCAT darauf? Das Resultat, dies sei vorab gesagt, ist mehr als fragwürdig!
Die Wissenschaftsgruppe der ICCAT, das „Standing Committee on Research and Statistics” (SCRS) stellt fest, dass derzeit im Nordatlantik eine 49,7 %ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Bestand der Blauhaie nicht überfischt und nicht von Überfischung betroffen sein wird (in den Rechenmodellen ist das der grüne Bereich), gleichzeitig errechnet man aber eine 49,6 %ige Wahrscheinlichkeit,
dass der Bestand derzeit überfischt, aber nicht von Überfischung betroffen ist (in den Rechenmodellen der gelbe Bereich). Die gegensätzlichen Wahrscheinlichkeiten befinden sich somit im Dezimalbereich.
Bisher ist die ICCAT von den durchschnittlichen Fangmengen der Jahre 2011 bis 2015 als Maßstab ausgegangen. Die bisherige maximale Fangquote (TAC) für Blauhai im Nordatlantik lag bei rund 39.000 Tonnen. Dieser Wert wurde zuletzt im Jahr 2017 mit rund 39.700 t erreicht. Seitdem gehen die Fangzahlen kontinuierlich zurück bis zum Jahr 2021 mit 21.500 t.
Nun legt die ICCAT auf Basis der neueren Erkenntnisse der SCRS und zurückgehender Fänge (seit 2017 immerhin mehr als eine Halbierung der Fänge von 44.000 t im Jahr 2016 auf 21.500 t in 2021) eine neue Fangquote von 27.500 t für Blauhai fest.
Im Konkreten heißt dies:
- EU Fangquote: 21.767 t
- Japan Fangquote: 3.163 t
- Marokko Fangquote: 1.581 t
- United Kingdom: 22 t
Dem gegenüber stehen die realen Blauhai-Anlandungen der Nationen in Jahr 2021:
- EU: 17.468 t
- Japan: 1.506 t
- Marokko: 1.636 t
- United Kingdom: 4 t
Die neue festgelegte Fangquote von 27.500 t bietet zumindest drei der vier Fangnationen ordentlich Luft nach oben: eine Zunahme der Fänge, sofern überhaupt noch Blauhaie vorhanden sind.
Im Fall der EU bedeutet dies, dass sie im Vergleich zum Jahr 2021 rund 4.300 t mehr Blauhai fischen darf, Japan darf seinen Fang verdoppeln und UK sogar mehr als verfünffachen, was zugegeben bei 22 t nicht besonders ins Gewicht fällt. Einzig Marokko darf die Fänge nicht mehr steigern.
Im Positionspapier heißt es weiterhin: „Alle anderen CPCs (Fangnationen, Fischereien) bemühen sich, die Höhe ihrer jüngsten Fänge nicht zu überschreiten.“
Im Südatlantik sieht es etwas anders aus. In seinem Bericht von 2023 schätzt der SCRS den Zustand des Blauhaibestands für 2021 ein als derzeit nicht überfischt, aber in der Gefahr der Überfischung. Hier sind die Vorzeichen durch die Wissenschaft wohl eindeutig! Bisher galt eine maximal Fangquote von 28.923 t. Im Jahr 2017 erreichte man mit den realen Fängen diese Quote, seit dem Jahr 2018 wurde sie mit 33.000 t bis 34.000 t pro Jahr kontinuierlich überschritten.
Nun reagiert man: „Die EU, Japan und Taiwan müssten ihre durchschnittlichen Fangmengen der letzten drei Jahre (2019-2021) um 20 % reduzieren. Die verbleibende Zuteilung sollte Namibia und Brasilien im Verhältnis zu ihren jüngsten Fangmengen zugewiesen werden, was eine Verringerung ihrer durchschnittlichen Fangmengen für 2019-2021 um 14,8 % bedeutet.“ Des Weiteren weist das SCRS darauf hin, dass eine weitere Beibehaltung der derzeitigen Fangmengen voraussichtlich zu einem raschen Rückgang der Biomasse des Bestands führen wird. Die ICCAT beschließt eine maximal Fangquote von 27.711 t. Dies würde lauf SCRS die Überfischung sofort stoppen und den Bestand mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 54 % bis 2033 sich erholen lassen.
Dies bedeutet in der Tat, dass alle beteiligten Fangnationen (EU, Brasilien, Namibia, Japan und Taiwan) ihren Blauhaifang in Südatlantik reduzieren müssen.
Zusammengefasst: Obwohl die Fänge seit 2017 im Nordatlantik kontinuierlich zurück gehen und sich seit 2016 mehr als halbiert haben, setzt die ICCAT eine Quote fest, die weit jenseits dessen liegen, was real gefangen wird. Dies kommt einem fröhlichen „Weiter so!“ im Nordatlantik sehr nahe. Dazu steht im Gegensatz der Südatlantik mit einer Fangquote, die eine Reduktion des Fangs bewirken soll. Ein Schelm, der Böses denkt, könnte nun vermuten, dass sich die reduzierten Fänge im Südatlantik in Zukunft in den Nordatlantik verlagern könnten, denn da ist ja noch „Luft nach oben“. Die Fangzahlen der nächsten Jahre werden es zeigen.
Aus unserer Sicht keine guten Nachrichten für die Blauhaipopulation im Atlantik!