Die Bürger:innen der EU sind aufgerufen, ihre Meinung an die EU mitzuteilen. Jetzt gilt es - für Euch und für uns! Die Europäische Union hat ihr Versprechen gehalten und mit dem Impact Assessment zu den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen eines Handelsverbot von losen Haiflossen in der EU begonnen. 1,1 Millionen Bürger:innen Europas hatten dieses gefordert. Als erster Teil der "Auswirkungsuntersuchung" wird wieder die breite Öffentlichkeit gefragt: In der "öffentlichen Konsultation" wird bis 04.06.2024 jede:r gefragt, weltweit. Je mehr sich beteiligen, umso mehr Wucht hat das auf die Verantwortlichen der EU, desto mehr werden sie erkennen, dass dieses Thema von großer Bedeutung ist. Also: Bitte macht mit und beantwortet die Fragen der "öffentlichen Konsultation"! Einen Leitfaden und den Link zur "Public Consultation" hat StopFinningEU ins Netz gestellt (pdf, ca. 1.800 KB): https://stop-finning-eu.org/wp-content/uploads/2024/03/Public-Consultation-Guide_Deutsch.pdf  Der andere Teil des Impact Assessment, der „Call for Evidence“, richtet sich hauptsächlich an Fachexpert:innen. Wir haben nun bis 16.05.2024 die Möglichkeit, Beweise vorzulegen, die belegen, dass die Rettung der Haie nur mit einem vollständigen Handelsverbot loser Haiflossen möglich ist. Auch wir bei ElasmOcean unterstützen StopFinningEU hierbei nach Kräften. #FinBanNow
Wie ihre Marine Megafauna Foundation heute offiziell mitteilte, liegt sie nach einem Schlaganfall infolge eines gerissenen Aneurysmas seit einigen Wochen auf einer Intensivstation. Eine akute Lebensgefahr besteht inzwischen nach dortigen Angaben nicht mehr.
 
Ihr Team führt ihre Forschungen in Mosambik vorerst weiter und hofft mit uns allen auf eine vollständige Genesung, die sicherlich vor allem Andrea nie schnell genug gehen kann.
 
Wir senden Dir unsere Hoffnung und Genesungswünsche, Andrea!
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KEIN Anfüttern von Haien! (Kein loses Futter ins Wasser!) In diesem Vortrag über das Tauchen mit Haien fasst Friederike Kremer-Obrock zusammen, worauf man achten sollten, wenn man einen Tauchgang machen möchte, der gezielt darauf ausgerichtet ist, eine Begegnung mit Haien zu haben. Es handelt sich hierbei um Empfehlungen der wichtigsten Regeln, die mit jedem Veranstalter besprochen und eingehalten werden sollten. Der Vortrag basiert auf dem Wissensstand Ende 2023/Anfang 2024. Änderungen durch spätere Erkenntnisse bleiben ausdrücklich vorbehalten.
Die boot 2024 ist Geschichte - eine grandiose! Wir haben für neun anspruchsvolle Tage unser kleines Korallenriff in Halle 11 bezogen und wie immer abgewartet, was sich so ergeben würde. Und Ihr habt uns nicht enttäuscht!
Sehr viele hochinteressierte Besucher:innen streunten an unserem Teilzeit-Wohnzimmer vorbei, und die meisten zeigten Interesse für unsere Botschaft: Meer Schutz durch Wissen, Sea Protection With Science. Wir haben tolle Gespräche geführt und einige Schulen, Kitas und Tauchvereine in unsere Bücher notiert, die wir in den kommenden Monaten treffen werden. Und ja, wir haben auch einige schöne Spenden bekommen, vor allem durch die tolle Posteraktion von Ralf Kiefner.Er bekommt daher unseren zweiten Dank - der erste geht ans ElasmOcean-Team. Komplett ehrenamtlich, ohne Entgelt, aber unter Einsatz von Urlaubstagen und körperlichen Anstrengungen. Ihr seid die Besten!
Besonders unauffällig war wieder die Firma Ackermann aus Leverkusen, obwohl nun wirklich niemand ihren Beitrag übersehen konnte: unser Messebauer, der uns den Stand erneut komplett kostenfrei zur Verfügung gestellt hat und auf spontane Änderungswünsche stets schnell und hochprofessionell reagierte.
Auf den Bildern sind weitere Unterstützer und Freunde, die uns besucht haben und die beste Motivation sind, die man sich menschlich wünschen kann:
Anke und Marko von und mit ihren Meertierchen; Christian von der K.R.A.K.E.; Hannes stets „Im Einsatz für…!“; Christian von „Helden der Meere“; „Vossi“ und „Lenni“: Meeresbiologe und begnadeter Kameramann und Freitaucher. Fred: Freitaucher, der die Azoren und Haie kennt wie keine:r. Lukas: Meeresbiologe und Freitaucher. Christine: preisgekürte Schildkrötenretterin mit Herz und Seele; Michel und sein haiteres „Imbärium“, Ralf: auch immer im Einsatz für die Wissenschaft; Martin, der für die Wissenschaft über den Atlantik rudern will; Angela: stets umtriebig für die Delfine; Claudia und Hendrik: „The Jetlagged“, unser Kamerateam in Vigo und überall auf der Welt; Kai und Melanie: Stimme und Film für den Haischutz; Nils, unermüdlich auf Europamission für die ECI „StopFinningEU“. All diesen wundervollen Menschen sei gedankt, wie auch Christin und Tina für die tollen finanziellen Unterstützungen!
Was war noch? Viele, viele Menschen und Momente. Begegnungen mit vielen „namenlosen“ Personen, die tief im Gedächtnis verankert bleiben. Die
boot ist ein Schmelztiegel, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie vereint, ist kreativ und gibt Perspektiven. In Einzelterminen, Gruppengesprächen, Vorträgen und Bühnendiskussionen.
Der letzte Dank geht an die Truppe von Petros Michelidakis: an die Messe Düsseldorf als Veranstalter der boot und die vielen Helfer:innen und Mitarbeiter:innen, die Euch und uns diese Messe möglich machen.
Nach der boot ist vor der boot. Wir freuen uns schon sehr auf 2025. Auf unser kleines Korallenriff und auf weitere Begegnungen und Freude!
Immer wieder werden wir gefragt: „Welchen Fisch darf ich denn überhaupt noch essen?“ Die Antwort ist nicht einfach, sondern hochkomplex, da es sehr viele Parameter zu beachten und abzuwägen gilt. Jetzt ist ein durchaus akzeptabler Fischratgeber neu verfügbar. Doch auch dieser gut gemeinte Leitfaden birgt Stolpersteine. Arbeiten wir uns durch seine Empfehlungen und die dennoch bestehenden Probleme vor: - Flunder, Scholle und Kliesche aus Reusen können durchaus nachhaltig sein. Reusenfang ist nachhaltig, solange die Reusen nicht verloren gehen. - Wildlachs ist höchst selten und zudem im Handel inzwischen recht teuer. Verbraucher:innen müssen genau hinsehen, um eine der beiden noch empfohlenen Arten zu identifizieren. Schade um jeden Wildlachs, der nicht mehr durch den Ozean schwimmt und damit die schwindenden Populationen (u.a. verursacht durch Zuchtlachs-Aquakulturen) bereichert. - Hering ist extrem überfischt. Da fällt es Verbraucher:innen schwer, im Handel genau die beiden noch nachhaltigen Fanggebiete zu finden. - Ähnliches gilt für den Seelachs und den Iberischen Stöcker. - Beim echten Bonito und dem Weißen Thunfisch scheitert es meist an den genauen Bezeichnungen auf der Verpackung. Da wird gerne mal (aus wirtschaftllichem Eigeninteresse) nicht-nachhaltiger Langleinenfang mit nachhaltigen Angelleinen verwechselt. Verbraucher:innen haben durchaus Mühe, vor einem meterbreiten Regal voller Thunfisch und Bonito im Supermarkt exakt die nachhaltigen Produkte zu finden. Thunfisch ist zudem massiv belastet mit Methylquecksilber. - Miesmuscheln aus Leinenkultur bergen nicht nur die Gefahr von Mikroplastik im Muskelfleisch; auch die Leinenbefestigung selbst bringt oft Mikroplastik ins Wasser ein. Kritische Verbraucher:innen müssen sich also auf das Fachwissen des Personals der Fischtheke oder den Text der Verpackungen verlassen. Seid Ihr Euch nicht sicher? Habt Ihr Zweifel an der Eindeutigkeit der Aussage der Fischhändler:innen oder der Verpackungsbeschreibung? Im Zweifel: Hände weg davon! Der neue Fischratgeber: https://www.vzhh.de/guter-fisch-liste https://www.vzhh.de/sites/default/files/medien/136/dokumente/Verbraucherzentrale-Hamburg_Guter-Fisch-Liste_2023-2024_Web.pdf Das gab es wohl noch nicht: Die gesamte Hai-Systematik mit allen 551 belebten Haiarten auf einen Blick. Jetzt auf der boot in Düsseldorf, und nur bei ElasmOcean, in kleiner exklusiver Auflage. Da die Wissenschaft dynamisch ist, weil Haiarten neu entdeckt werden oder (leider) Arten aussterben, ist das Plakat ausdrücklich „Stand Ende 2023“. Wir planen, die Übersicht im Jahresrhythmus zu aktualisieren. Die aktuell 551 belebten Haiarten freuen sich auf Eure heimische Wand. Streng exklusiv und begrenzt: Nur 100 Stück verfügbar! Ihr müsst also schnell sein und zum Stand K23 in Halle 11 kommen, am Übergang zu Halle 12, Nähe Taucherturm und Bühne. Abgabe gegen Spende. Das Plakat ist Idee unserer Mitglieder Daniel (Systematik), Jesco und Max (wissenschaftliches Know-how) und Viktoria (Design) zurück. Tolle Teamleistung! Werbung in eigener Sache: Seit langer Zeit unterstützen Anke und Marko Arlt mit ihren „Meertierchen“ ElasmOcean. Da liegt es nah, dass die maritime Rasselbande auf unserem "boot"-Messestand einzieht: ab nächsten Samstag (20. Januar), bei uns in Halle 11 am Stand K 23. Solange der Vorrat reicht. Ihr unterstützt mit den 6 Euro unmittelbar unsere ehrenamtliche Arbeit. Wir danken vor allem Anke, die unermüdlich tolle neue Ideen hat und unglaublich viel Arbeit in den Nachwuchs der Rasselbande steckt. Druckfrisch für Kitas und Grundschulen stellen wir auf der boot 2024 offiziell unsere zweite Geschichte für Kinder vor. Diesmal geht es in die Tiefsee. Hier lebt Lumi, ein Tiefseeanglerfisch-Mädchen. Lumi teilt sich den Lebensraum der Tiefsee mit vielen anderen Wesen. Da ist zum Beispiel Rotti Ritter, der Schokoladenhai, oder Wilhelm, die Kronenqualle, die regelmäßig mit der Verwandtschaft über Kreuz liegt. Föderalis, die Staatsqualle, versteht keinen Spaß, wenn es darum geht, ihre Gemeinschaft zu erhalten und nach Futter zu suchen. Und dann leben in der Tiefsee auch so faszinierende Wesen wie Dumbo (ein Oktopus), Methusalem (ein Grönlandhai) und Muckel (ein Koboldhai). Sie alle teilen sich diesen Lebensraum, der durch uns Menschen bedroht ist. Lumi zeigt uns ihre Welt, die so anders als unsere ist: durch Dunkelheit und Kälte geprägt und bis heute ein fast unerforschter Lebensraum, den es zu schützen gilt. Wieder hat Ingo Wick der Geschichte mit seinen hinreißenden Illustrationen Leben eingehaucht und das Tiefseeabenteuer zum Leben erweckt. Die Geschichte wird ausschließlich für Kitas und in Grundschulen verfügbar sein; einen normalen Buchhandel streben wir nicht an. Auf der boot (20.-28.01.2024) machen wir eine kleine Ausnahme: Die Broschüre gibt es dort (ebenso wie unsere „Albert und die SCUBA“ Geschichte) in limitierter Auflage von je 20 Stück gegen eine Spende ab mindestens 20 Euro. Die Spenden kommen unserem Schul- und Kitaprogramm zugute.
Vom 13. bis 20. November tagte die „Internationale Kommission zum Erhalt des Atlantischen Thunfischs“ (ICCAT) in Ägypten.
 
Seit dem 25. November steht der Blauhai neben allen weiteren Requiemhai-Arten auf Appendix II des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES). Dies umfasst Arten, die nicht unbedingt vom Aussterben bedroht sind, dies aber sein könnten, und daher einem kontrollierten Handel unterliegen. Vor dem Inkrafttreten jetzt lag ein Jahr seit dem Aufnahmebeschluss von 2022 - und wie reagieren nun die EU und die ICCAT darauf? Das Resultat, dies sei vorab gesagt, ist mehr als fragwürdig!
Die Wissenschaftsgruppe der ICCAT, das „Standing Committee on Research and Statistics” (SCRS) stellt fest, dass derzeit im Nordatlantik eine 49,7 %ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Bestand der Blauhaie nicht überfischt und nicht von Überfischung betroffen sein wird (in den Rechenmodellen ist das der grüne Bereich), gleichzeitig errechnet man aber eine 49,6 %ige Wahrscheinlichkeit,
dass der Bestand derzeit überfischt, aber nicht von Überfischung betroffen ist (in den Rechenmodellen der gelbe Bereich). Die gegensätzlichen Wahrscheinlichkeiten befinden sich somit im Dezimalbereich.
Bisher ist die ICCAT von den durchschnittlichen Fangmengen der Jahre 2011 bis 2015 als Maßstab ausgegangen. Die bisherige maximale Fangquote (TAC) für Blauhai im Nordatlantik lag bei rund 39.000 Tonnen. Dieser Wert wurde zuletzt im Jahr 2017 mit rund 39.700 t erreicht. Seitdem gehen die Fangzahlen kontinuierlich zurück bis zum Jahr 2021 mit 21.500 t.
 
Nun legt die ICCAT auf Basis der neueren Erkenntnisse der SCRS und zurückgehender Fänge (seit 2017 immerhin mehr als eine Halbierung der Fänge von 44.000 t im Jahr 2016 auf 21.500 t in 2021) eine neue Fangquote von 27.500 t für Blauhai fest.
Im Konkreten heißt dies:
  • EU Fangquote: 21.767 t
  • Japan Fangquote: 3.163 t
  • Marokko Fangquote: 1.581 t
  • United Kingdom: 22 t
Dem gegenüber stehen die realen Blauhai-Anlandungen der Nationen in Jahr 2021:
  • EU: 17.468 t
  • Japan: 1.506 t
  • Marokko: 1.636 t
  • United Kingdom: 4 t
 
Die neue festgelegte Fangquote von 27.500 t bietet zumindest drei der vier Fangnationen ordentlich Luft nach oben: eine Zunahme der Fänge, sofern überhaupt noch Blauhaie vorhanden sind.
Im Fall der EU bedeutet dies, dass sie im Vergleich zum Jahr 2021 rund 4.300 t mehr Blauhai fischen darf, Japan darf seinen Fang verdoppeln und UK sogar mehr als verfünffachen, was zugegeben bei 22 t nicht besonders ins Gewicht fällt. Einzig Marokko darf die Fänge nicht mehr steigern.
 
Im Positionspapier heißt es weiterhin: „Alle anderen CPCs (Fangnationen, Fischereien) bemühen sich, die Höhe ihrer jüngsten Fänge nicht zu überschreiten.“
Im Südatlantik sieht es etwas anders aus. In seinem Bericht von 2023 schätzt der SCRS den Zustand des Blauhaibestands für 2021 ein als derzeit nicht überfischt, aber in der Gefahr der Überfischung. Hier sind die Vorzeichen durch die Wissenschaft wohl eindeutig! Bisher galt eine maximal Fangquote von 28.923 t. Im Jahr 2017 erreichte man mit den realen Fängen diese Quote, seit dem Jahr 2018 wurde sie mit 33.000 t bis 34.000 t pro Jahr kontinuierlich überschritten.
 
Nun reagiert man: „Die EU, Japan und Taiwan müssten ihre durchschnittlichen Fangmengen der letzten drei Jahre (2019-2021) um 20 % reduzieren. Die verbleibende Zuteilung sollte Namibia und Brasilien im Verhältnis zu ihren jüngsten Fangmengen zugewiesen werden, was eine Verringerung ihrer durchschnittlichen Fangmengen für 2019-2021 um 14,8 % bedeutet.“ Des Weiteren weist das SCRS darauf hin, dass eine weitere Beibehaltung der derzeitigen Fangmengen voraussichtlich zu einem raschen Rückgang der Biomasse des Bestands führen wird. Die ICCAT beschließt eine maximal Fangquote von 27.711 t. Dies würde lauf SCRS die Überfischung sofort stoppen und den Bestand mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 54 % bis 2033 sich erholen lassen.
Dies bedeutet in der Tat, dass alle beteiligten Fangnationen (EU, Brasilien, Namibia, Japan und Taiwan) ihren Blauhaifang in Südatlantik reduzieren müssen.
 
Zusammengefasst: Obwohl die Fänge seit 2017 im Nordatlantik kontinuierlich zurück gehen und sich seit 2016 mehr als halbiert haben, setzt die ICCAT eine Quote fest, die weit jenseits dessen liegen, was real gefangen wird. Dies kommt einem fröhlichen „Weiter so!“ im Nordatlantik sehr nahe. Dazu steht im Gegensatz der Südatlantik mit einer Fangquote, die eine Reduktion des Fangs bewirken soll. Ein Schelm, der Böses denkt, könnte nun vermuten, dass sich die reduzierten Fänge im Südatlantik in Zukunft in den Nordatlantik verlagern könnten, denn da ist ja noch „Luft nach oben“. Die Fangzahlen der nächsten Jahre werden es zeigen.
 
Aus unserer Sicht keine guten Nachrichten für die Blauhaipopulation im Atlantik!
Keine 60 Kilometer trennen die spanische Küstenstadt Vigo von der Hauptstadt Galiciens, Santiago de Compostela, vielen als Endpunkt und Wallfahrtsort des Jacobswegs bekannt. Galicien ist grün und sprichwörtlich „frisch“. Während der Rest Spaniens im Juli 2023 unter einer erschreckenden Hitzewelle leidet, herrschen hier sommerliche Temperaturen zwischen 19°C und 25°C bei Sonnenschein und regelmäßigem Regen. Es ist die raue, nördliche und sehr grüne Atlantikküste Spaniens.
Diesen Ort auf Europas größten Fischmarkt und (damit verbunden) auf den Haifang zu reduzieren, ist uns nicht genug. Diesen Teil von Vigo haben wir schon besucht, und es gibt darüber auch mehrere Berichte. Wir waren wieder vor Ort, um in den nächsten Wochen eine Serie über Vigo zu zeigen. Zugegeben: Momentaufnahmen, teils zufällig, teils gewollt. Über die positiven Seiten wie über die negativen, über die schönen Dinge wie über die schrecklichen. Vigo 2023: Ein Ort, der vieles beinhaltet, ambivalent ist und zum Nachdenken anregt.
Porto de Vigo, der Hafen.
Haischützer denken bei der Ortsangabe Vigo in erster Linie an blutige Bilder großer Mengen toter Haie: zweifelsfrei nicht schön und für uns als Meeresschützer und Teil der Inititative #StopFinningEU bewegender denn je.
Vigo ist jedoch mehr als der Anlandepunkt von Blauhaien. Sie waren allerdings der Hauptgrund, mit unserem Team der Stadt und den Fischauktionshallen einen Besuch abzustatten. Vor Ort aber wurden wir nachdenklich: hat Vigo es nötig, hat die Stadt es verdient, allein als Haiumschlagplatz berüchtigt zu sein? Könnte die Stadt keinen anderen Ruf haben? Wäre es nicht schön, wenn die Stadt auch ohne Haikadaver bestehen könnte?
Wir haben genauer hingesehen, und einen Ort entdeckt, der durchaus auch positive Aspekte vereint und viele Menschen, die sehr freundlich sind und nachhaltig denken. Vigo hat rund 300.000 Einwohner. Der Hafen ist Ursprungsort und Keimzelle der Stadt. Fast jeder lebt hier mit und vom Hafen. Die Bucht wird von Werften, großen Lagerhäusern, Autoverladeplätzen, dem Containerhafen und den großen Fischhallen und Fischhandelsunternehmen dominiert. In der Flussmündung liegen hunderte Muschelzuchten. Die eigentliche Stadt mit ihrem historischen Zentrum umrahmt dies an den steilen Hängen des Verdugo-Deltas.
Mauern aus Beton können die Artenvielfalt steigern.
Eines der Nachhaltigkeitsprojekte im Hafen von Vigo ist die Erprobung von sogenanntem „E-Concrete“, übersetzt Öko-Beton. Dies sind Betonplatten, die natürliche Strukturen von Felsen imitieren und so eine ideale Oberfläche für Seetang, Algen und andere Organismen wie Muscheln und Schwämme bieten, die in Windeseile die Betonplatten beleben. Ihrer Ansiedlung folgen Fische und Krabben, Krebse und Garnelen, Seenadeln und Seepferdchen. Innerhalb von drei Monaten hat sich hier an der „Nautilus“, der Observationsplattform im Hafen von Vigo, ein neues Ökosystem aufgebaut. Es ist bereits sehr vielfältig, sodass man sich freudig ausmalen möchte, wie es hier in einem Jahr aussieht. Das Leben findet immer seinen Weg, wenn man ihm eine Chance gibt.
Der Präsident des Hafens, Herr Carlos Botana Lagaron, hat uns das Projekt persönlich vorgestellt. Er sieht hierin hohes Potenzial, weltweit Häfen als Lebensraum zu revolutionieren. Kahle Betonwände könnten Lebensräumen weichen an allen Stellen, an denen nicht permanent Schiffe anlegen.
Wir beobachten das Projekt weiter, finden es aber durchaus sinnvoll, sodass wir auf Nachahmer hoffen!
Die „Krabbe“.
Auch im Hafen von Vigo zeigt sich Plastik als ein großes Problem. Deshalb hat die Hafenverwaltung ein spezielles Schiff entwickeln lassen, das regelmäßig im Hafen Plastik einsammelt. Wegen seiner Form, die einer Krabbenschere ähnelt, nennen es die Verantwortlichen: die „Krabbe“.
Diese Idee könnte, gemeinsam mit dem neu erschaffenen Lebensraum durch belebte Kaimauern (s. Teil 3/13), wirklich Potenzial haben. Es gilt, die Widrigkeiten unserer Zivilisation ein wenig in Schach zu halten, bis wir endgültige Lösung gefunden haben, dass kein Plastik mehr in die Meere gelangt.
Der Bussard im Hafen.
Es gibt Geschichten, die kann nur das Leben schreiben. Dies ist eine davon.
Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Kameramann. In einem Seehafen. Vor ihnen steht ihre sauteure Kamera - und droht zu kippen, weil gerade ein ein Wüstenbussard auf ihr landet! Hendrik Schmitt von „The Jetlagged“ hat sehr hörbar den Atem angehalten! Zum Glück haben Tier und Kamera das Rendezvous schadlos überstanden. Nach kurzem Verweilen wechselte die Bussarddame wieder auf den Arm ihres Falkners Daniel.
Die Aufgabe der beiden Wüstenbussarde und ihrer Falkner im Hafen von Vigo ist durchaus sinnvoll: Möwen können als ewige Begleiter der Sardinenfischer im Hafen recht renitent werden, wenn es ihr Futter geht, um Fisch. Man kennt das von der Nordsee, wenn man leichtsinnig sein Fischbrötchen auf der Promenade isst und unter Umständen schmerzlich erfährt, wie diese großen Vögel vorgehen. Die Wüstenbussarde wehren im Hafen von Vigo die Möwen ab, so dass die Fischer in Ruhe entladen können, ohne von hunderten anwesender Möwen attackiert zu werden.
Die Zé do Apache. Haifischerei! Nicht nachhaltig.
Am 24. Juli 2023 landete der portugisische Longliner Zé do Apache wie fast jede Woche in Vigo Haie an. Das Erschreckende bei dem Fang dieses Schiffes war die Zusammensetzung der Zahl der angelandeten Tiere: Auf 15 Paletten stapelten sich etwa 1.300 extrem junge Blauhaie. Kaum geboren, schon am Langleinenhaken!
Das Gesamtgewicht betrug an diesem Tag knapp 7,7 Tonnen Blauhai. Darunter waren 9 Haie mit einem durchschnittlichen Gewicht von je 43 kg, und etwa 1.300 Blauhaie mit je rund 5 kg.
Hierbei darf nicht vergessen werden: diese Blauhaie sind Beifang - eigentlich hat der Fischer eine Lizenz für Schwertfisch. Davon hat er auch ein einsames Exemplar mit immerhin 127 kg Gewicht mitgebracht - und etwa die 60fache Menge an "unerwünschtem" Beifang! DAS ist der Ausverkauf des Nordatlantiks!
Die AIS-Daten verraten, warum so viele junge, nicht fortpflanzungsfähige Haie am Haken landen: Die Zé do Apache fischt ausschließlich vor der portugiesischen Küste in einem bekannten Brutgebiete der Blauhaie. Wir bestreiten überzeugt, dass dieser Fang ein "Zufall mit fast nur Beifang" ist. Wir unterstellen absolute Absicht - dieses Schiff wollte junge Blauhaie fangen.
Diese Generation an Haien wird in fünf bis acht Jahren zur natürlichen Fortpflanzung der Art fehlen, ausgelöscht durch eine rücksichtslose, nicht nachhaltig praktizierte Fischerei, die fast wöchentlich in Vigo anlandet!
Nachhaltige kleine lokale Sardinenfischerei.
Im Hafen von Vigo treffen wir José Manuel S.A., Kapitän eines 18 Meter langen Fischkutters, der Sardinen und Makrelen mit der Ringwade fischt. José ist ein nachhaltig arbeitender, lokaler Fischer, einer jener, die unter der großen industriellen Fischerei leiden. Er ist seit 40 Jahren im Geschäft und hat turbulente Zeiten durchlebt.
Vor nicht allzu langer Zeit, berichtet er, brachen die Sardinenbestände komplett in sich zusammen: Überfischung. Er berichtet von großen Schiffen, die damals bis zu 80 Tonnen Sardinen und Makrelen in Vigo anlandeten. „Es war ihnen damals erlaubt! Und wenn Du ein großes Schiff hast, dann musst Du profitabel arbeiten, also musst du Fisch fangen, auch in diesen Mengen!“, so José.
Er selbst hat ein kleines Schiff, mit dem er aktuell an vier Tagen der Woche auf das Meer hinausfahren darf, streng reglementiert. Als vor Jahren die Bestände kollabierten, waren das sieben harte Jahre, in denen viele kleine lokale Fischer aufgaben und in andere Fischereien und Branchen abwanderten. Es gab in dieser Zeit sehr starke Beschränkungen. Mit Erfolg: als sich nach sieben Jahren der Schonung die Bestände erholt hatten, gab und gibt es wieder Sardinen in rauen Mengen. Trotzdem müssen die Fischer strenge Quoten einhalten, wofür José nur begrenzt Verständnis hat.
Modernste Technik, die es vor Jahren noch nicht gab, so berichtet José, ermöglicht es ihm, genau zu bestimmen, welchen Schwarm er mit seiner Ringwade einkreist, und welche Menge Fisch dann in der Ringwade ist. Sein Schiff fasst 3,2 Tonnen Fisch. Alle Fische schwimmen zunächst in der Ringwade; er entlässt die Fische, die er nicht an Bord holen kann, wieder lebend ins Meer. Dies ist eine nachhaltige Fischerei, die durch strenge Quoten reglementiert wird.
Und doch hat José große Sorgen. Sardinen erzielen bei der Fischauktion in Vigo im Schnitt derzeit noch 60 Cent pro Kilogramm. Er verdient mit seinen 3,2 Tonnen also gerade einmal 2.000 Euro pro Fangfahrt, wenn alles gut läuft. Davon muss er das Schiff mit dem Fanggerät Instandhalten, den Treibstoff, Steuern und seine Crew bezahlen. „Ein Schiff wie die Colomba, wie ich es habe, muss mit zehn Leuten durchschnittlich 4.000 Euro am Tag verdienen, sonst wird es unrentabel. Und wir dürfen nur an vier Tagen in der Woche, also an 16 Tagen im Monat auf das Meer hinaus.“ José hat große Sorgen, irgendwann aufgeben zu müssen, wenn sich an dieser Lage nichts ändert.
Und dann sind da ja auch noch, so José, die großen Fischtrawler der Franzosen und Norweger, die auch Sardinen und Makrelen mit riesigen Ringwaden fischen. Diesen industriellen Fischereien sind keine Quoten aufgerlegt, was José sichtlich verärgert: „Es muss ein Gleichgewicht zwischen nachhaltiger Fischerei und der Rentabilität des Unternehmens geben!“
(Freie Übersetzung und Zusammenfassung des in Galizisch geführten Interviews.)
Wir müssen Josés Fazit Recht geben. Nicht er und die kleinen Fischereien sind das Problem, sondern die bis zu 140 Meter langen, industriellen Fischereischiffe, die die Ozeane leerfischen.
Wir erlebten einen sehr sympathischen Fischer, der um seine Existenz bangt, obwohl er eine nachhaltige Lösung des Problems sein könnte, würde man ihn nur lassen.
Die Fascinios do Mar, Schiffskennung: PTVIC-113721-C.
Westlich der Azoren liegen die Fanggründe der meisten spanischen und portugiesischen Longliner, so auch der Fascinios do Mar, die in Vigo ebenfalls am 24. Juli 2023 angelandet hat.
Der Fang war ein eher typischer:
142 Blauhaie mit einem Gesamtgewicht von 6,992 t
21 Schwertfische mit einem Gesamtgewicht von 0,903 t
2 Blauflossenthunfische mit einem Gesamtgewicht von 0,418 t
43 Schlangenmakrelen mit einem Gesamtgewicht von 0,559 t
Auch hier überwiegen die Blauhaie alle anderen Fischarten, allerdings in diesem Fall in erster Linie geschlechtsreife Haie mit einem Durchschnittsgewicht von jeweils rund 49 kg (ausgeweidet).
Diese Zahlen mögen „nüchtern pathologisch“ erscheinen; doch sind sind für uns wichtig um aufzuzeigen, wo das Problem liegt: Neben den "Junghaien" wird auch diese „Elterngeneration“ ausgelöscht. Sie mögen bereits reproduziert haben, aber dennoch fehlen sie zum Arterhalt ...
Vigos Plastikstrand.
Die Illa de Arosa, eine vorgelagerte Insel Galiciens, liegt mit ihrem Naturschutzgebiet „Parque Natural de Carreirón“ etwa 60 Kilometer nördlich von Vigo. Die wunderschöne Insel wird von den Einheimischen als Ausflugsort genutzt, seine Strände laden zum Baden ein.
Doch auch diese Insel hat ein Problem: das Plastikproblem. Zusätzlich zu den „üblichen Verdächtigen“ (wie wir sie nennen) an Zivilisationsmüll (Wattestäbchen, Verpackungen, Wäscheklammern und diversem anderen Einwegplastik) gesellen sich hier einige merkwürdige Stäbe dazu, die wir so noch nie an einem Strand gefunden haben.
Des Rätsels Lösung: Das sind Plastikstäbe aus Muschelfarmen. Sie bestehen aus recyceltem Plastik und werden in die Seile eingeflochten, um den Muscheln besseren Halt zu geben. Diese Farmen umringen die Deltas der Flüsse und die Küste Galiciens wie ein Netz tausender kleiner Inseln. Auf der Seite des Herstellers der Stäbe heißt es: „Sie bestehen aus hochwertigem Material, sind flexibel und unzerbrechlich, und halten den modernen Maschinen stand, die zum Abschütteln der Muscheln von den Seilen verwendet werden. Sie sind so konzipiert, dass sie nicht von den Seilen fallen, auch wenn diese mit der Zeit an Torsion verlieren.“ (Quelle).
Diese Werbung ist eindeutig ein Trugschluss: Die Stäbe landen beim Einholen der extrem schweren Muschelstränge im Meer und an den Stränden, wo sie zu hunderten herumliegen. Kann man hierfür kein Naturmaterial wie Holz verwenden?
Rochenflügel.
Wir wissen, dass in südlichen Ländern, auch in Spanien, durchaus Rochen gegessen wird. Daher überrascht es nicht, dass man auf dem größten Fischmarkt Europas in rauen Mengen Rochen findet.
Nun fragt sich der ahnungslose mitteleuropäische Betrachter angesichts der Form dieser Fische: Was ist da eigentlich zum Essen dran, außer Knorpel? Rochen gehören genauso wie Haie zu den Elasmobranchii, den Plattenkiemern. Sie sind Knorpelfische und haben so gut wie kein Fleisch in ihren „Flügeln“, die vermarktet werden.
Doch es gibt scheinbar auch Abnehmer für Rochenflügel!
Wer in Deutschland isst Rochenflügel?
Man möchte es nicht glauben: es gibt über 700 Rezepte für Rochenflügel! Man muss nur auf den gängigen deutschsprachigen (!) Internetplattformen für Kochrezepte surfen. Allein auf dem bekanntesten Portal für den suchenden Chefkoch werden über 700 unterschiedliche Rezepte mit Rochenflügeln als Treffer ausgespuckt!
Wir möchten nicht nur aus Artenschutzbedenken dringend davon abraten, Rochen zu verspeisen - die Warnung erfolgt ausdrücklich auch aus gesundheitlichen Bedenken! Finger weg von diesem Produkt.
Wen haben wir in Vigo angetroffen? Unsere Protagonisten.
Meeresbewohner, die mit dem Tod bezahlt haben, um den menschlichen Konsum aus dem Meer zu ermöglichen.
Ein kluger Kopf hat einmal gesagt: “Wenn Du ein Tier rettest, rettest Du nicht die ganze Welt, aber Du rettest die Welt dieses einen Tieres!“
Lassen wir die Portraits der toten Individuen für sich sprechen! Sie haben unseren Respekt verdient. Denn: in Vigo geschieht immer noch systematisch Schreckliches!
Unser Fazit der Expedition im Juli 2023: Es ist schrecklich!
Immer noch geschehen in Europa Dinge, die man einer der ältesten Zivilisationen nicht attestieren möchte. Aus Gewinnstreben wird systematisch zerstört, was unser Leben ausmacht - und diese Zerstörung gefährdet nur vordergründig die Arten des Meeres: am Ende gefährdet sie auch unser eigenes Überleben.
Jede:r Einzelne von uns - als Konsument:in und als politisches Wesen - hat es in der Hand, ob dies so weitergeht. Initiativen wie #StopFinningEU arbeiten ebenso dagegen an wie wir mit der Aufklärung der Bürger:innen.
Es ist noch ein weiter Weg.
Aber wir wollen uns tatsächlich auch noch bedanken: bei der Hafenpolizei, die uns geduldet und betreut hat; sie hätte durchaus anders reagieren können. Gemeinsam mit der recht kulanten Hafenverwaltung wurde Transparenz bewiesen und sogar ein Interview mit einem lokalen Sardinenfischer vermittelt.
Es gibt bei allen Dingen stets zwei Seiten. Wir haben beide im Hafen von Vigo gefunden. Bei all den schrecklichen Bildern von toten Haien und Rochen, bei all den toten Fischen, die jeden Tag auf diesem Markt gehandelt werden - wir wurden Großen und Ganzen wohlwollend empfangen und fanden offene Ohren für unser Anliegen.
Es ist unser Konsum, unser Hunger nach Fisch und Meeresfrüchten, der diesen Markt nährt. Jede:r Einzelne von uns, die:der Fisch isst, ist für diese Bilder mitverantwortlich. Denkt einmal darüber nach!
Keine 60 Kilometer trennen die spanische Küstenstadt Vigo von der Hauptstadt Galiciens, Santiago de Compostela, vielen als Endpunkt und Wallfahrtsort des Jacobswegs bekannt. Galicien ist grün und sprichwörtlich „frisch“. Während der Rest Spaniens im Juli 2023 unter einer erschreckenden Hitzewelle leidet, herrschen hier sommerliche Temperaturen zwischen 19°C und 25°C bei Sonnenschein und regelmäßigem Regen. Es ist die raue, nördliche und sehr grüne Atlantikküste Spaniens.
Diesen Ort auf Europas größten Fischmarkt und (damit verbunden) auf den Haifang zu reduzieren, ist uns nicht genug. Diesen Teil von Vigo haben wir schon besucht, und es gibt darüber auch mehrere Berichte. Wir waren wieder vor Ort, um in den nächsten Wochen eine Serie über Vigo zu zeigen. Zugegeben: Momentaufnahmen, teils zufällig, teils gewollt. Über die positiven Seiten wie über die negativen, über die schönen Dinge wie über die schrecklichen. Vigo 2023: Ein Ort, der vieles beinhaltet, ambivalent ist und zum Nachdenken anregt.
Porto de Vigo, der Hafen.
Haischützer denken bei der Ortsangabe Vigo in erster Linie an blutige Bilder großer Mengen toter Haie: zweifelsfrei nicht schön und für uns als Meeresschützer und Teil der Inititative #StopFinningEU bewegender denn je.
Vigo ist jedoch mehr als der Anlandepunkt von Blauhaien. Sie waren allerdings der Hauptgrund, mit unserem Team der Stadt und den Fischauktionshallen einen Besuch abzustatten. Vor Ort aber wurden wir nachdenklich: hat Vigo es nötig, hat die Stadt es verdient, allein als Haiumschlagplatz berüchtigt zu sein? Könnte die Stadt keinen anderen Ruf haben? Wäre es nicht schön, wenn die Stadt auch ohne Haikadaver bestehen könnte?
Wir haben genauer hingesehen, und einen Ort entdeckt, der durchaus auch positive Aspekte vereint und viele Menschen, die sehr freundlich sind und nachhaltig denken. Vigo hat rund 300.000 Einwohner. Der Hafen ist Ursprungsort und Keimzelle der Stadt. Fast jeder lebt hier mit und vom Hafen. Die Bucht wird von Werften, großen Lagerhäusern, Autoverladeplätzen, dem Containerhafen und den großen Fischhallen und Fischhandelsunternehmen dominiert. In der Flussmündung liegen hunderte Muschelzuchten. Die eigentliche Stadt mit ihrem historischen Zentrum umrahmt dies an den steilen Hängen des Verdugo-Deltas.
Mauern aus Beton können die Artenvielfalt steigern.
Eines der Nachhaltigkeitsprojekte im Hafen von Vigo ist die Erprobung von sogenanntem „E-Concrete“, übersetzt Öko-Beton. Dies sind Betonplatten, die natürliche Strukturen von Felsen imitieren und so eine ideale Oberfläche für Seetang, Algen und andere Organismen wie Muscheln und Schwämme bieten, die in Windeseile die Betonplatten beleben. Ihrer Ansiedlung folgen Fische und Krabben, Krebse und Garnelen, Seenadeln und Seepferdchen. Innerhalb von drei Monaten hat sich hier an der „Nautilus“, der Observationsplattform im Hafen von Vigo, ein neues Ökosystem aufgebaut. Es ist bereits sehr vielfältig, sodass man sich freudig ausmalen möchte, wie es hier in einem Jahr aussieht. Das Leben findet immer seinen Weg, wenn man ihm eine Chance gibt.
Der Präsident des Hafens, Herr Carlos Botana Lagaron, hat uns das Projekt persönlich vorgestellt. Er sieht hierin hohes Potenzial, weltweit Häfen als Lebensraum zu revolutionieren. Kahle Betonwände könnten Lebensräumen weichen an allen Stellen, an denen nicht permanent Schiffe anlegen.
Wir beobachten das Projekt weiter, finden es aber durchaus sinnvoll, sodass wir auf Nachahmer hoffen!
Die „Krabbe“.
Auch im Hafen von Vigo zeigt sich Plastik als ein großes Problem. Deshalb hat die Hafenverwaltung ein spezielles Schiff entwickeln lassen, das regelmäßig im Hafen Plastik einsammelt. Wegen seiner Form, die einer Krabbenschere ähnelt, nennen es die Verantwortlichen: die „Krabbe“.
Diese Idee könnte, gemeinsam mit dem neu erschaffenen Lebensraum durch belebte Kaimauern (s. Teil 3/13), wirklich Potenzial haben. Es gilt, die Widrigkeiten unserer Zivilisation ein wenig in Schach zu halten, bis wir endgültige Lösung gefunden haben, dass kein Plastik mehr in die Meere gelangt.
Der Bussard im Hafen.
Es gibt Geschichten, die kann nur das Leben schreiben. Dies ist eine davon.
Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Kameramann. In einem Seehafen. Vor ihnen steht ihre sauteure Kamera - und droht zu kippen, weil gerade ein ein Wüstenbussard auf ihr landet! Hendrik Schmitt von „The Jetlagged“ hat sehr hörbar den Atem angehalten! Zum Glück haben Tier und Kamera das Rendezvous schadlos überstanden. Nach kurzem Verweilen wechselte die Bussarddame wieder auf den Arm ihres Falkners Daniel.
Die Aufgabe der beiden Wüstenbussarde und ihrer Falkner im Hafen von Vigo ist durchaus sinnvoll: Möwen können als ewige Begleiter der Sardinenfischer im Hafen recht renitent werden, wenn es ihr Futter geht, um Fisch. Man kennt das von der Nordsee, wenn man leichtsinnig sein Fischbrötchen auf der Promenade isst und unter Umständen schmerzlich erfährt, wie diese großen Vögel vorgehen. Die Wüstenbussarde wehren im Hafen von Vigo die Möwen ab, so dass die Fischer in Ruhe entladen können, ohne von hunderten anwesender Möwen attackiert zu werden.
Die Zé do Apache. Haifischerei! Nicht nachhaltig.
Am 24. Juli 2023 landete der portugisische Longliner Zé do Apache wie fast jede Woche in Vigo Haie an. Das Erschreckende bei dem Fang dieses Schiffes war die Zusammensetzung der Zahl der angelandeten Tiere: Auf 15 Paletten stapelten sich etwa 1.300 extrem junge Blauhaie. Kaum geboren, schon am Langleinenhaken!
Das Gesamtgewicht betrug an diesem Tag knapp 7,7 Tonnen Blauhai. Darunter waren 9 Haie mit einem durchschnittlichen Gewicht von je 43 kg, und etwa 1.300 Blauhaie mit je rund 5 kg.
Hierbei darf nicht vergessen werden: diese Blauhaie sind Beifang - eigentlich hat der Fischer eine Lizenz für Schwertfisch. Davon hat er auch ein einsames Exemplar mit immerhin 127 kg Gewicht mitgebracht - und etwa die 60fache Menge an "unerwünschtem" Beifang! DAS ist der Ausverkauf des Nordatlantiks!
Die AIS-Daten verraten, warum so viele junge, nicht fortpflanzungsfähige Haie am Haken landen: Die Zé do Apache fischt ausschließlich vor der portugiesischen Küste in einem bekannten Brutgebiete der Blauhaie. Wir bestreiten überzeugt, dass dieser Fang ein "Zufall mit fast nur Beifang" ist. Wir unterstellen absolute Absicht - dieses Schiff wollte junge Blauhaie fangen.
Diese Generation an Haien wird in fünf bis acht Jahren zur natürlichen Fortpflanzung der Art fehlen, ausgelöscht durch eine rücksichtslose, nicht nachhaltig praktizierte Fischerei, die fast wöchentlich in Vigo anlandet!
Nachhaltige kleine lokale Sardinenfischerei.
Im Hafen von Vigo treffen wir José Manuel S.A., Kapitän eines 18 Meter langen Fischkutters, der Sardinen und Makrelen mit der Ringwade fischt. José ist ein nachhaltig arbeitender, lokaler Fischer, einer jener, die unter der großen industriellen Fischerei leiden. Er ist seit 40 Jahren im Geschäft und hat turbulente Zeiten durchlebt.
Vor nicht allzu langer Zeit, berichtet er, brachen die Sardinenbestände komplett in sich zusammen: Überfischung. Er berichtet von großen Schiffen, die damals bis zu 80 Tonnen Sardinen und Makrelen in Vigo anlandeten. „Es war ihnen damals erlaubt! Und wenn Du ein großes Schiff hast, dann musst Du profitabel arbeiten, also musst du Fisch fangen, auch in diesen Mengen!“, so José.
Er selbst hat ein kleines Schiff, mit dem er aktuell an vier Tagen der Woche auf das Meer hinausfahren darf, streng reglementiert. Als vor Jahren die Bestände kollabierten, waren das sieben harte Jahre, in denen viele kleine lokale Fischer aufgaben und in andere Fischereien und Branchen abwanderten. Es gab in dieser Zeit sehr starke Beschränkungen. Mit Erfolg: als sich nach sieben Jahren der Schonung die Bestände erholt hatten, gab und gibt es wieder Sardinen in rauen Mengen. Trotzdem müssen die Fischer strenge Quoten einhalten, wofür José nur begrenzt Verständnis hat.
Modernste Technik, die es vor Jahren noch nicht gab, so berichtet José, ermöglicht es ihm, genau zu bestimmen, welchen Schwarm er mit seiner Ringwade einkreist, und welche Menge Fisch dann in der Ringwade ist. Sein Schiff fasst 3,2 Tonnen Fisch. Alle Fische schwimmen zunächst in der Ringwade; er entlässt die Fische, die er nicht an Bord holen kann, wieder lebend ins Meer. Dies ist eine nachhaltige Fischerei, die durch strenge Quoten reglementiert wird.
Und doch hat José große Sorgen. Sardinen erzielen bei der Fischauktion in Vigo im Schnitt derzeit noch 60 Cent pro Kilogramm. Er verdient mit seinen 3,2 Tonnen also gerade einmal 2.000 Euro pro Fangfahrt, wenn alles gut läuft. Davon muss er das Schiff mit dem Fanggerät Instandhalten, den Treibstoff, Steuern und seine Crew bezahlen. „Ein Schiff wie die Colomba, wie ich es habe, muss mit zehn Leuten durchschnittlich 4.000 Euro am Tag verdienen, sonst wird es unrentabel. Und wir dürfen nur an vier Tagen in der Woche, also an 16 Tagen im Monat auf das Meer hinaus.“ José hat große Sorgen, irgendwann aufgeben zu müssen, wenn sich an dieser Lage nichts ändert.
Und dann sind da ja auch noch, so José, die großen Fischtrawler der Franzosen und Norweger, die auch Sardinen und Makrelen mit riesigen Ringwaden fischen. Diesen industriellen Fischereien sind keine Quoten aufgerlegt, was José sichtlich verärgert: „Es muss ein Gleichgewicht zwischen nachhaltiger Fischerei und der Rentabilität des Unternehmens geben!“
(Freie Übersetzung und Zusammenfassung des in Galizisch geführten Interviews.)
Wir müssen Josés Fazit Recht geben. Nicht er und die kleinen Fischereien sind das Problem, sondern die bis zu 140 Meter langen, industriellen Fischereischiffe, die die Ozeane leerfischen.
Wir erlebten einen sehr sympathischen Fischer, der um seine Existenz bangt, obwohl er eine nachhaltige Lösung des Problems sein könnte, würde man ihn nur lassen.
Die Fascinios do Mar, Schiffskennung: PTVIC-113721-C.
Westlich der Azoren liegen die Fanggründe der meisten spanischen und portugiesischen Longliner, so auch der Fascinios do Mar, die in Vigo ebenfalls am 24. Juli 2023 angelandet hat.
Der Fang war ein eher typischer:
142 Blauhaie mit einem Gesamtgewicht von 6,992 t
21 Schwertfische mit einem Gesamtgewicht von 0,903 t
2 Blauflossenthunfische mit einem Gesamtgewicht von 0,418 t
43 Schlangenmakrelen mit einem Gesamtgewicht von 0,559 t
Auch hier überwiegen die Blauhaie alle anderen Fischarten, allerdings in diesem Fall in erster Linie geschlechtsreife Haie mit einem Durchschnittsgewicht von jeweils rund 49 kg (ausgeweidet).
Diese Zahlen mögen „nüchtern pathologisch“ erscheinen; doch sind sind für uns wichtig um aufzuzeigen, wo das Problem liegt: Neben den "Junghaien" wird auch diese „Elterngeneration“ ausgelöscht. Sie mögen bereits reproduziert haben, aber dennoch fehlen sie zum Arterhalt ...
Vigos Plastikstrand.
Die Illa de Arosa, eine vorgelagerte Insel Galiciens, liegt mit ihrem Naturschutzgebiet „Parque Natural de Carreirón“ etwa 60 Kilometer nördlich von Vigo. Die wunderschöne Insel wird von den Einheimischen als Ausflugsort genutzt, seine Strände laden zum Baden ein.
Doch auch diese Insel hat ein Problem: das Plastikproblem. Zusätzlich zu den „üblichen Verdächtigen“ (wie wir sie nennen) an Zivilisationsmüll (Wattestäbchen, Verpackungen, Wäscheklammern und diversem anderen Einwegplastik) gesellen sich hier einige merkwürdige Stäbe dazu, die wir so noch nie an einem Strand gefunden haben.
Des Rätsels Lösung: Das sind Plastikstäbe aus Muschelfarmen. Sie bestehen aus recyceltem Plastik und werden in die Seile eingeflochten, um den Muscheln besseren Halt zu geben. Diese Farmen umringen die Deltas der Flüsse und die Küste Galiciens wie ein Netz tausender kleiner Inseln. Auf der Seite des Herstellers der Stäbe heißt es: „Sie bestehen aus hochwertigem Material, sind flexibel und unzerbrechlich, und halten den modernen Maschinen stand, die zum Abschütteln der Muscheln von den Seilen verwendet werden. Sie sind so konzipiert, dass sie nicht von den Seilen fallen, auch wenn diese mit der Zeit an Torsion verlieren.“ (Quelle).
Diese Werbung ist eindeutig ein Trugschluss: Die Stäbe landen beim Einholen der extrem schweren Muschelstränge im Meer und an den Stränden, wo sie zu hunderten herumliegen. Kann man hierfür kein Naturmaterial wie Holz verwenden?
Rochenflügel.
Wir wissen, dass in südlichen Ländern, auch in Spanien, durchaus Rochen gegessen wird. Daher überrascht es nicht, dass man auf dem größten Fischmarkt Europas in rauen Mengen Rochen findet.
Nun fragt sich der ahnungslose mitteleuropäische Betrachter angesichts der Form dieser Fische: Was ist da eigentlich zum Essen dran, außer Knorpel? Rochen gehören genauso wie Haie zu den Elasmobranchii, den Plattenkiemern. Sie sind Knorpelfische und haben so gut wie kein Fleisch in ihren „Flügeln“, die vermarktet werden.
Doch es gibt scheinbar auch Abnehmer für Rochenflügel!
Wer in Deutschland isst Rochenflügel?
Man möchte es nicht glauben: es gibt über 700 Rezepte für Rochenflügel! Man muss nur auf den gängigen deutschsprachigen (!) Internetplattformen für Kochrezepte surfen. Allein auf dem bekanntesten Portal für den suchenden Chefkoch werden über 700 unterschiedliche Rezepte mit Rochenflügeln als Treffer ausgespuckt!
Wir möchten nicht nur aus Artenschutzbedenken dringend davon abraten, Rochen zu verspeisen - die Warnung erfolgt ausdrücklich auch aus gesundheitlichen Bedenken! Finger weg von diesem Produkt.
Wen haben wir in Vigo angetroffen? Unsere Protagonisten.
Meeresbewohner, die mit dem Tod bezahlt haben, um den menschlichen Konsum aus dem Meer zu ermöglichen.
Ein kluger Kopf hat einmal gesagt: “Wenn Du ein Tier rettest, rettest Du nicht die ganze Welt, aber Du rettest die Welt dieses einen Tieres!“
Lassen wir die Portraits der toten Individuen für sich sprechen! Sie haben unseren Respekt verdient. Denn: in Vigo geschieht immer noch systematisch Schreckliches!
Unser Fazit der Expedition im Juli 2023: Es ist schrecklich!
Immer noch geschehen in Europa Dinge, die man einer der ältesten Zivilisationen nicht attestieren möchte. Aus Gewinnstreben wird systematisch zerstört, was unser Leben ausmacht - und diese Zerstörung gefährdet nur vordergründig die Arten des Meeres: am Ende gefährdet sie auch unser eigenes Überleben.
Jede:r Einzelne von uns - als Konsument:in und als politisches Wesen - hat es in der Hand, ob dies so weitergeht. Initiativen wie #StopFinningEU arbeiten ebenso dagegen an wie wir mit der Aufklärung der Bürger:innen.
Es ist noch ein weiter Weg.
Aber wir wollen uns tatsächlich auch noch bedanken: bei der Hafenpolizei, die uns geduldet und betreut hat; sie hätte durchaus anders reagieren können. Gemeinsam mit der recht kulanten Hafenverwaltung wurde Transparenz bewiesen und sogar ein Interview mit einem lokalen Sardinenfischer vermittelt.
Es gibt bei allen Dingen stets zwei Seiten. Wir haben beide im Hafen von Vigo gefunden. Bei all den schrecklichen Bildern von toten Haien und Rochen, bei all den toten Fischen, die jeden Tag auf diesem Markt gehandelt werden - wir wurden Großen und Ganzen wohlwollend empfangen und fanden offene Ohren für unser Anliegen.
Es ist unser Konsum, unser Hunger nach Fisch und Meeresfrüchten, der diesen Markt nährt. Jede:r Einzelne von uns, die:der Fisch isst, ist für diese Bilder mitverantwortlich. Denkt einmal darüber nach!